Kein Spielbetrieb? Wir spielen Europacup 1952/53

Ode an den Felsen

Nicht einmal die alten Herren des Vereins fragen nach Trainingsmöglichkeiten. Spätestens diese Tatsache verdeutlicht die Ernsthaftigkeit der aktuellen Lage auf unserem Planeten. Jammern die Großclubs der Branche medienwirksam über leere Schubkarren, mit denen sie üblicherweise das erwirtschaftete Papiergeld in ihre Tresore fahren, herrscht auf unserem Turbine-Felsen eine frühlingshafte Ruhe, die vermuten ließe, dass selbst der Kunstrasen plötzlich zu keimen beginnt. Verschlossene Türen, keine herumliegenden Trainingsleibchen und fehlende Anfeuerungen zaubern einen Frieden auf die Sportanlage, als wäre wochenlang der Heilige Abend. Unser Felsen, der gewöhnlich vor Leben strotzt, erlebt eine Geräuschlosigkeit, die Geisterspiele der Bundesliga als Radauveranstaltungen wahrnehmen lässt.

Mag der Fernsehfußball fehlen, schlimmer ist das verschlossene Vereinstor am Ende der Felsenstraße. Selbst die verregneten Sonntage, an denen unsere dritte Männermannschaft Versuche unternahm, das Spiel mit dem Fußball zu praktizieren, reißen ein Loch in die Wochenendplanung. Auch wenn sich beim Zusehen dieser Spiele das Brillengestell verbog; ein Hauch von Bewegung, ein Gefühl großer sportlicher Taten war auch hier dabei.

Überall wird von der Fortsetzung der Saison gesprochen und spekuliert. Für die unteren Ligen ist dies wohl nicht zu erwarten und deshalb an dieser Stelle mal ein gewagter Vorschlag. Die Europapokalsaison 1952/53 wurde nie angepfiffen, dabei hatten wir als DDR-Meister die Direktqualifikation erreicht, gab es doch zu dieser Zeit weit weniger Staaten auf unserem Kontinent. Wir könnten auf Gegner treffen, die auch heute noch als das „who is who“ des europäischen Fußballs gelten. Die 52er Meister Manchester United, der FC Barcelona, Juventus Turin, der VfB Stuttgart, die Grasshoppers Zürich, Rapid Wien, OGC Nizza oder Sporting Lissabon könnten bei etwas Losglück auf unserem Felsen vorspielen. Das wäre doch ein Grund, das Tor wieder zu öffnen, das Leben zurückzuholen und unseren Felsen mit neuem Glanz zu überziehen. Und ganz nebenbei könnten wir uns für die kommenden Jahrzehnte monetär sanieren; die Schubkarre dafür (ihr wisst schon) steht bereits aufgepumpt in der Garage. Dieses Szenario haben wir für euch in einigen Videos durchgespielt. Beginnen wir am Mittwochnachmittag, den 15.April um 17 Uhr mit der Auslosung der 1.Runde - hier auf unserem Kanal. Es folgen Zusammenfassungen der Europapokalspiele unserer Blitzträger. Und an die UEFA ergeht der Hinweis, dass da unsererseits noch eine Rechnung offen ist.

Weitere fußballerische Alternativen in Zeiten der Krise sind rar. In Tadschikistan wurde Anfang April die neue Fußball-Saison begonnen. Der FC Istiklol aus der Hauptstadt Dushanbe gewann den traditionellen Supercup zum Saisonauftakt mit 2:1 gegen FK Khujand. Auch in Weißrussland, in Nicaragua und Burundi wird weiter gespielt, es ist allerdings nahezu unmöglich, diese Spiele live im Internet zu verfolgen. Dies ist allerdings auch nicht zwingend notwendig, da sich das Gefühl, sich an einem Lieblingsort, wie es unser Sportplatz suggeriert, zu befinden, nicht einstellen würde.  

Was bleibt, ist sich mit den großen Worten Joachim Löws philosophisch auseinanderzusetzen, „dass sich die Erde gegen die Menschen wehrt“, darauf zu warten, dass Anne Will versehentlich Maybrit  Illner einlädt, dass es endlich wieder mehr Fußballmannschaften als Virologen gibt und dass unser Turbineblitz das Virus zerstört. Frohe Nachostern im Wohnzimmer.

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